Eine gelungene Premiere

Das Duo Accornissimo trifft im Kaiserslauterer SWR-Studio auf das Kabarettduo Die Untiere.

(Von Reiner Henn)

Die Pfälzische Musikgesellschaft präsentierte in Gestalt und auf Initiative ihres Vorsitzenden, Hornist Peter Arnold , am Sonntag im gut besuchten SWR-Studio ein ganz neues Programmkonzept.
Mit seinem Duo Accornissimo (bestehend aus ihm und Akkordeonistin Alexandra Alex Maas ) zeigte Arnold erstmals ein gemeinsames Programm mit dem Kabarettduo Die Untiere. Aus vier Idealisten und Individualisten entstand ein musikalisch-literarisches-kabarettistisches Quartett, das neue Maßstäbe setzte. Sein Programmtitel: „Apocaplypse now!?“. Die Initialzündung für das zukunftsweisende Programm (sofern die Menschheit überhaupt eine hat) war der gleichnamige Kult- und Antkriegsfilm von 1979 vor dem Hintergrund des Vietnam-Krieges von Francis Ford Coppola; neu von den Ausführenden ins Bewusstsein gerückt durch die derzeitige bedrohliche weltpolitische Lage. Peter Arnold hatte nicht nur sein Waldhorn zu Hochglanz (spielerisch versteht sich) aufpoliert, sondern auch den klingenden Nachweis erbracht, das dieses im Genre von Popularmusik unterschätzte Instrument durchaus Weltmusik wie Evergreens aus verschiedensten Genres Flügeln verleihen kann. Vor allem, wenn es so butterweich, sonor und dezent geblasen wird, dass es mit dem sicher stützenden Klang des Akkordeons von Alexandra Maas so wunderbar verschmilzt. Arnold entdeckte sich aber auch als Rhetor besinnlicher Texte und Frontsänger mit angenehmer Stimme neu und bildete mit der Akkordeonistin als Duo Accornissimo einmal mehr überzeugend eine interessante und selten zu hörende Kombination. Über die beiden Untiere noch Hinter- und Beweggründe zu erzählen, hieße, die sprichwörtlichen Eulen nach Athen zu tragen. Wolfgang Marschall ist mit seinen philosophischen Anwandlungen und reflektierenden Analysen über die Provinz das soziale Gewissen nicht nur der Stadt und Region. Wie einst der Theologe und Schweizer Autor Jeremias Gotthelf im 19. Jahrhundert hat der Kabarettist der Pfalz heute die Gabe, alptraumhafte Visionen mit bildhafter Sprache und einer Portion Mutterwitz – volksnah – zu vermitteln. Schon die Bibel verwendet das Sinnbild des apokalyptischen Reiters, das an diesem Abend angeführt wurde, und Marschall sinnierte darüber, dass das Leben zwar chronologisch vorwärts gelebt, aber nur rückwärts und rückblickend verstanden werde. Absurditäten reizen ohnehin den im barocken Pathos gern sich gebärdenden, wortgewaltigen Darsteller. Zugleich stellte Marschall stellte nachdrücklich heraus, dass Rhetorik für ihn nicht ein Wolkenkuckucksheim für Schönredner, sondern ein Areal mit Spitzen und Wortminen ist. Partnerin Marina Tamássy erstaunte dieses Mal nach zuvor vielen eigenen, sich auf den Leib maßgeschneiderten Rollen (Mutti Merkel etwa) als Frontsängerin und Powerfrau nun durch ihre Wandlungsfähigkeit und ihr Können, sich in einen festen thematischen Rahmen flexibel und unterstützend wirkungsvoll einbringen zu können: Nach dem Motto „Kam, sah und siegte“ war sie dabei künstlerisch die auffälligste Erscheinung. Tamássy singt nicht nur mit klarer, reiner und ausdrucksstarker und schmelzender Stimme, sie fühlt auch die textliche Botschaft mit allen Fasern ihres Körpers mit. Herbststimmung im Chanson „Feuilles Mortes“ (Die welken abgefallenen Blätter) war trotz Melancholie und Schwermut bei Tamássys Interpretation nur eine Facette. In ihrer Interpretation des Klassikers, auch als „Autumn Leaves“ in der englischen Version zum Jazzstandard avancierten Titels, schwang stets auch Zuversicht und Aufbruchstimmung mit. Das war es, was eigentlich das Quartett intendierte. Man hätte allerdings Tamássy aufgrund ihrer herausragenden Bühnenpräsenz noch etwas mehr in den programmatischen Mittelpunkt rücken mögen.